Forscher entschlüsseln Mechanismus bei schweren Hautinfektionen: Umbau der äußeren Hülle macht Bakterien aggressiver – Ansatzpunkt für mögliche Therapie

Multiresistente Erreger entwickeln sich zunehmend zu einer bedeutenden Herausforderung für die moderne Medizin.
1. Mai 2018

Multiresistente Erreger entwickeln sich zunehmend zu einer bedeutenden Herausforderung für die moderne Medizin. Zu den am meisten gefürchteten resistenten Erregern zählt das Bakterium Staphylococcus aureus. Vor allem bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem verursacht das Bakterium oft lebensbedrohliche Infektionen. In den letzten Jahren sind weltweit besonders aggressive Stämme von S. aureus aufgetaucht, sogenannte „Community-Associated Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus“ oder CA-MRSA, die selbst bei gesunden Menschen schwerwiegende Infektionen von Haut und Gewebe auslösen können. Einen wesentlichen Mechanismus dieses Infektionsgeschehens konnten nun Forscherinnen und Forscher des Interfakultären Instituts für Mikrobiologie und Infektionsmedizin Tübingen (IMIT) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) entschlüsseln. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Nature Microbiology vorgestellt.

Spezielle Zuckermoleküle in der äußeren Zellhülle von Staphylococcus aureus führen zu besonders aggressivem Krankheitsverlauf. Die Forscher sehen hier einen Ansatzpunkt für eine mögliche Therapie. Die Forschungsgruppe konnte zeigen, dass CA-MRSA-Stämme ihre äußere Zellhülle durch den vermehrten Einbau eines langkettigen Zuckerpolymers, der Zellwand-Teichonsäure, verändern können. „Es ist bekannt, dass vor allem CA-MRSA verstärkt Toxine (Giftstoffe) ausschütten, was zum schwerwiegenden Verlauf der Hautinfektionen maßgeblich beiträgt“, sagte Dr. Christopher Weidenmaier, der Leiter der Forschungsgruppe: „Wir konnten nun zusätzlich nachweisen, dass der verstärkte Einbau des Zuckerpolymers in die Zellhülle bei Hautinfektionen zu einer veränderten Immunreaktion führt.“ Um zu klären, ob die Ergebnisse aus Tiermodellen auf den Menschen übertragbar sind, müssen weitere Versuche durchgeführt werden.

Ziel möglicher Therapien wäre es, den Umbau der Zellhülle gezielt zu hemmen. „Ein solcher Therapieansatz würde dem menschlichen Immunsystem die Chance geben, die Infektion selbst effizienter zu bekämpfen“, sagte Weidenmaier. Solche sogenannten Anti-Virulenz-Strategien werden in letzter Zeit vermehrt untersucht. Hier wird nicht der Erreger selbst bekämpft, sondern seine pathogene Wirkung vermindert. „Im Gegensatz zur klassischen Antibiotikatherapie sollte eine Anti-Virulenz-Strategie zu geringeren Resistenzraten führen“, erklärte der Forscher: „Weil die bakterielle Zelle weder abgetötet noch in Ihrem Wachstum gehemmt wird, unterliegt sie einem geringeren Selektionsdruck.“

Quelle:
Redaktion hautstadt; “Wall teichoic acids mediate increased virulence in Staphylococcus aureus”, Stefanie Wanner, Jessica Schade, Daniela Keinhörster, Nicola Weller, Shilpa E. George, Larissa Kull, Jochen Bauer, Timo Grau, Volker Winstel, Henriette Stoy, Dorothee Kretschmer, Julia Kolata, Christiane Wolz, Barbara M. Bröker and Christopher Weidenmaier, Nature Microbiology 2017, doi:10.1038/nmicrobiol.2016.257