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Neuer Mechanismus entdeckt: ADAM 17 und PS regulieren Botenstoffe bei Entzündungen

Ein Kieler Team des Exzellenzclusters Entzündungsforschung hat einen neuen Mechanismus aufgedeckt.
4. Juli 2017

Ein Kieler Team des Exzellenzclusters Entzündungsforschung hat einen neuen Mechanismus aufgedeckt. Es geht darum, das Entzündungsgeschehen im Körper und in der Haut besser zu verstehen, und herauszufinden, wie dieses im Organismus und in den Zellen reguliert wird. Die Forscher um Prof. Dr. Karina Reiß von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Uni Kiel befassen sich mit dem Wirkstoff TNF-α (Tumornekrosefaktor-alpha), der im Körper vorkommt und auch Ziel von Medikamenten gegen chronische Entzündungen ist. Speziell geht es um die Enzyme und Botenstoffe, die dessen Aktivität regeln. TNF-α ist ein zentraler Signalstoff des Immunsystems und an vielen Entzündungsprozessen beteiligt. Die Blockade dieses Moleküls ist Grundlage moderner Therapeutika gegen Entzündungskrankheiten wie Schuppenflechte, Rheuma oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Welcher molekulare Mechanismus der Freisetzung und damit Aktivierung von TNF-α zugrunde liegt, hat jetzt erstmals die Arbeitsgruppe der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) aufgeklärt.

Im Jahr 1997 war das Enzym entdeckt worden, das TNF-α freisetzt. Das Enzym mit dem schönen Namen ADAM17 sitzt auf der Zelloberfläche und „schneidet“ dort TNF-α von der in der Membran verankerten Vorstufe ab, so dass es an anderen Zellen seine Wirkung entfalten kann. ADAM17 setzt auf diese Weise auch noch viele weitere Proteine frei. Diese können dann an Rezeptoren auf anderen Zellen andocken. „So wird durch die Protease ADAM17 unglaublich viel in unserem Körper reguliert“, erklärt Karina Reiß. Beispielsweise beim Wachstum von Gewebe und bei der Immunreaktion. Das Team der Uni Kiel geht der Frage nach, wie das im Detail, also auf molekularer Ebene, funktioniert. Reiß und Kollegen haben nun den Mechanismus aufgeklärt, wie ADAM17 aktiviert wird.

Eine Schlüsselrolle in dem Prozess hat ein Bestandteil der Zellmembran, das Lipidmolekül, das die Forscher kurz PS nennen (Phosphatidylserin). Die überwiegend aus sog. Phospholipiden bestehende Zellmembran ist asymmetrisch aufgebaut. Bestimmte Lipide befinden sich nur innen und andere nur außen in der Doppelschicht der Membran. Das negativ geladene Lipidmolekül PS sitzt auf der Innenseite der Membran. Dort können positiv geladene Proteine durch elektrostatische Anziehung andocken, wodurch deren Funktion reguliert wird. „Wir haben beobachtet, dass das negativ geladene Phosphatidylserin unter bestimmten Umständen kurzfristig nach außen kommt, also quasi umklappt. Dadurch entsteht außen eine negative Ladung. ADAM17 hat positive Ladungen, die mit dieser negativen Ladung interagieren. Das ist der entscheidende Mechanismus, der die Protease aktiviert, damit sie etwas abschneidet“, erklärt Dr. Anselm Sommer, Postdoktorand der Arbeitsgruppe und Erstautor der Studie.

Auf diese Weise kann z.B. TNF-α freigesetzt und Entzündungsreaktionen in unserem Körper entscheidend beeinflusst werden. Den Forschern zufolge eröffnen sich damit ein neues Forschungsfeld in der Zellbiologie sowie neue Ansatzpunkte für die Entwicklung antientzündlicher Therapien.

Quelle:
Redaktion hautstadt; Phosphatidylserine exposure is required for ADAM17 sheddase function”, Anselm Sommer, Karina Reiß et al., Nature Communications 2016, 7: 11523, doi: 10.1038/ncomms11523